Samen Hahn

Fertigstellung: 2024
Leistungsumfang: LPH 1-8

Bauherr: Shobeiri Immobilien
BGF/BRI: 9.386 m² / 30.860

Im Herzen von Gießen, an der markanten Ecke Bahnhofstraße/Reichensand, entand mit dem Projekt „Stadtgarten“ ein besonderes Beispiel für den sensiblen Umgang mit städtischer Nachverdichtung und historischer Erinnerung. Auf dem Areal des ehemaligen Samenhauses Hahn – einem prägnanten Gründerzeitgebäude, das 2012 aufgrund von Leerstand und Bauschäden abgerissen werden musste – entstanden Neubauten, die nicht nur Wohnraum schaffen, sondern die urbane Mitte architektonisch und atmosphärisch neu beleben.

Das Konzept verfolgt das Ziel, Geschichte, Gegenwart und Zukunft miteinander zu verbinden. Die Fassade des rekonstruierten Baukörpers interpretiert die Erscheinung des ursprünglichen Hauses auf zeitgenössische Weise neu: Mit einer handwerklich anspruchsvollen „Inverstechnik“ werden feine Rillen im Putz ausgeführt, die die historische Gliederung des früheren Gebäudes – inklusive Balkonbrüstungen, Gesimsen und des Schriftzuges „Heinrich Hahn“ – nachzeichnen. So entsteht ein subtiler Dialog zwischen Rekonstruktion und Neuinterpretation, der das Gedächtnis des Ortes sichtbar macht, ohne in bloße Kopie zu verfallen.

Gleichzeitig öffnet sich der Gebäudekomplex konsequent zur Stadt und zum Grün. Hochbeete entlang der Fassaden, begrünte Innenhöfe und großkronige Bäume in den offenen Treppenhäusern verleihen dem Ensemble seinen Namen und schaffen eine neue, lebendige Schnittstelle zwischen Architektur und Natur. Das Erdgeschoss ist auf Stützen angehoben, wodurch Durchblicke und Bezüge in die Höfe entstehen – ein Motiv, das Transparenz und Durchlässigkeit betont. Nachhaltige Elemente wie eine Photovoltaikanlage, Regenwassernutzung und ökologische Baustoffe ergänzen das Konzept einer zukunftsfähigen, urbanen Architektur.

Der Stadtgarten umfasst vier Gebäudeteile mit insgesamt rund 70 bis 73 Wohneinheiten – von kompakten Einzimmerapartments bis zu großzügigen Penthousewohnungen mit über 120 m². Ergänzend entstehen etwa 1 000 m² Gewerbeflächen für Praxen, Büros oder Kanzleien.

Städtebaulich schließt das Projekt eine prominente Lücke in der Innenstadt und fügt sich durch seine klare Gliederung und die vertikale Fassadengestaltung selbstverständlich in die gewachsene Struktur der Gründerzeitarchitektur ein. Gleichzeitig setzt es mit seiner grünen Gestaltung, den offenen Innenräumen und der hochwertigen handwerklichen Ausführung ein starkes Zeichen für urbane Nachverdichtung mit architektonischer Haltung.